Travel the world: eMail Nummer 11

Regula Immler
und
Daniel Scherrer
on the Road

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eMail 11

Wo das Amerika nur noch trostlos ist... Reisen in der Familie


eMail 11

Date: Wed, 21 Feb 2001 00:48:08 +0100

liebe freunde und familie

das schicksal will, dass wir uns in deming (new mexiko) niederlassen... nun, unser auto ist immer noch in der garage. wir sind aber nach wie vor guter dinge, dass unser gefaehrt irgend wann wieder weiter in richtung osten rollt. das geruecht besagt, dass morgen der grosse tag sein soll.

nachdem wir zwei tage am oertlichen truckstop gleich neben der garage wohnten, hatte sich der mechaniker Luis unser erbarmt. aus einer einladung zum nachtessen wurde ein laengerer aufenthalt. nun gehoeren wir schon fast zum inventar der sechskoepfigen familie mexikanischen ursprungs. die vier kinder haben alle einen anderen vater. einmal mehr haben wir so die gelegenheit, den ungeschminkten familienalltag mitzuerleben. das ist spannender als alle sehenswuerdigkeiten, wenn auch nicht immer schoen.

traditionsbewusst haben wir natuerlich gleich das kochen, abwaschen und putzen uebernommen. die kinder wissen das zu schaetzen. da beide eilternteile arbeiten muessen (die mutter francis arbeitet an drei orten und ist von morgens 7.30 bis 22.30 uhr ausser haus!), sind die kinder vollumfaenglich fuer den haushalt zustaendig. das ist so chaotisch wie erstaunlich. nach der arbeit sind nintendo und tv fuer ihre unterhaltung zustaendig. das haelt sie von der strasse fern, meint daddy...! na ja, ansichten sind verschieden. auch unsere essgewohnheiten werden sich hier nie etablieren. fuers morgenessen reicht die zeit nicht (hausaufgaben!!), mittagessen gibt's in der schule (soll aber so schlecht sein, dass niemand wirklich was isst), nach der schule wird dann der kuhlschrank gepluendert, das nachtessen findet vor den fernseher statt; jeder isst dann, wenn er gerade will. unser versuch einmal alle zusammen am tisch zu haben, war bislang fast erfolglos...allerdings haben wir an einigen abenden einen vertieften einblick in die original traditionell-authentisch mexikanische kueche erhalten: gorditas, burritos, enchilladas, tacos, frijoles, alles immer mit hackfleisch, salat und viel chili. ein besonders "scharfes" erlebnis verbindet uns mit letzterem. fuenf grosse jutesaecke voller getrockneter, staubiger chilischoten wollten entstielt und entkernt sein. mit viel gehuste und noch mehr geniesse haben wir den job erledigt. neun stunden chili-wahnsinn hat uns eine wichtige lektion gelehrt: regel 1: auch intensivstes haendewaschen nuetzt nix. wenn man mit den fingern irgendwelche schleimhaeute beruehrt, ist die wirkung nach wie vor hoellisch heiss. regel 2: vorsicht beim gang aufs klo! regel 3: wenn die nase tropft, tief luft holen und erst dann das nastuch zur nase fuehren. sonst zieht man sich den ganzen staub von den haenden direkt in die lunge - ein heftiger asthmaanfall ist harmlos neben dem hieraus resultierenden husten. rachehalber haben wir heute morgen einen teil der schoten zu sauce verarbeitet und ins einmachglas verbannt.

die familie padilla wohnt in einem mobile-home gute 10 km ausserhalb deming. da ist zugegebenermassen nicht allzuviel los. immerhin koennte ihr "haus" in der mitte halbiert und per oversize-transporter an einen spannenderen ort verfrachtet werden. im moment fehlt aber wohl das geld und die kraft um von hier wegzukommen. da bleibt nichts anderes, als diesen trostlosen ort zu beleben. dies faellt allerdings schwer, wenn es zur gewohnheit gehoert, den abfall hinters haus zu kippen, gleich neben dem offenen wc-ablauf. zum glueck ists winter und verhaeltnismaessig kuehl... der umgangston in dieser familie ist fuer unsere ohren sehr rauh, scheint aber in dieser gesellschaftsschicht ueblich zu sein. zauberwoertchen wie "bitte" und "danke" sind selten zu hoeren. liebesbeweise sind eher finanzieller art. so belaeuft sich das weihnachtsgeschenksbudget dieser weiss gott nicht wohlhabenden familie auf ueber 1500 dollar! bei einem monatlichen einkommen von etwa der selben hoehe. wenn wir allerdings sehen, wie sich die kinder ueber gemeinsame ausfluege, zelten im nahen state park oder eine simple velotour in der umgebung freuen, dann wird offensichtlich, dass ihnen vor allem ein gemeinsames familienleben fehlt. nach zwei wochen haushalten, hat sich unser bild dieser familie sehr veraendert. es waere aber zu einfach, den eltern schuld zuzuschieben. angesichts deren hintergrund und der aktuellen lebensumstaende werden viele probleme besser verstaendlich. und dass unser helvetischer ordnungssinn hier keine entsprechung hat, liegt nun mal in der natur der verschiedenen kulturen. trotzdem haben wir francis und luis und vor allem die vier kinder ins herz geschlossen. sie haben zwei wochen ihr heim mit uns geteilt und sehr offen mit uns ueber ihre probleme, traeume und gedanken gesprochen. ungeschminkt und schonungslos haben sie uns mit ihrem alltag konfrontiert und wir haben versucht uns so gut wie moeglich einzufuegen. allerdings nicht ohne hier und da zu versuchen einen akzent zu setzen. auf jeden fall werden wir versuchen in kontakt zu bleiben. die eine tochter geht schon bald zur army und wird voraussichtlich in deutschland stationiert sein. eine gute moeglichkeit sich zu revanchieren. wir unsererseits werden uns aufmachen die weissen duenen im white sands national park und die riesigen hoehlen in carlsbad zu erkunden. ausserdem soll in florida sommerliches wetter herrschen...

liebe gruesse aus dem chililand

regi & dani


Autor: 2000-2001 Daniel Scherrer und Regula Immler, on the road
Date: 18-Mai-01

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