Travel the world: eMail Nummer 17
eMail 17Date: Tue, 29 May 2001 22:45:28 liebe freunde, liebe familie mit einer flaeche, die nur um
wenig groesser ist als die schweiz, wuerde man meinen, costa rica sei auch
per velo im nu durchquert. so liessen wir uns allerlei "umwege"
einfallen, um moeglichst viel vom land zu sehen. nun, nach einem monat
haben wir ganze fuenf tagesetappen gemeistert, weiter als liberia sind wir
noch nicht gekommen. zu viele angenehme ueberraschungen und
bekanntschaften haben uns aufgehalten. dazu kommt die herausforderung des
klimas. wer schon mal in einer sauna daran gedacht hat anstatt regungslos
und schlapp dazuhocken auf dem velo einen berg hoch zu trampeln, kommt dem
costaricensischen velotourengefuehl ziemlich nahe. wir schwitzen uns die
letzten tropfen aus dem leib. ihr koennt euch nicht vorstellen, wie wir
uns ueber den nachmittaeglichen regenguss freuen. dazu muss man bemerken,
dass tropische regenguesse einer guten dusche das wasser reichen:
kraeftig, warm und sie dauert mindestens eine halbe stunde. da bleibt nix
trocken, strassen werden kurzfristig zu baechen, plaetze zu seen,
stillstand der geschaeftigkeit und zeit fuer eine tasse kaffee. dann geht´s
wieder weiter. die schweissflecken auf der bluse fallen nicht mehr auf,
weil nun alles trieft. tuerkisches dampfbad. doch spaetestens mit den
morgentlichen sonnenstrahlen des naechsten tages ist dann alles wieder
trocken und sauber. genug der haeuslichen
sauberkeit. die strassen sehen leider schon nicht mehr sooo sauber aus.
ziemlich unertraeglich sind aber die schwarzrauchenden lastwagen, die mit
unerhoerter geschwindigkeit ueber die holprigen strassen knattern. das
velofahren ist nicht auf allen strassen ein vergnuegen. von anfang an war
klar, dass sich nur der fruehe morgen zum radfahren eignet. so sind wir
auch zur ersten etappe sonntag morgens frueh um 5.30 aufgebrochen. nicht
dass da die strassen menschenleer waeren. die ticos sind ausgesprochene
fruehaufsteher. sobald sich die ersten sonnestrahlen zeigen, ist leben in
den strassen. bis um neun uhr herrschen dann angenehme 25 -30 grad.
spaeter wird's hitzig und schwuel. mit erstaunen stellen wir fest, dass
velofahren hier eine beliebte sonntagsbeschaeftigung ist. mit unseren
schwerbeladenen drahteseln sind wir jedoch allerorts ein objekt der ver-
und bewunderung. schnell kommt man mit den leuten ins gespraech. alle
wollen wissen, woher wir kommen und wieviel die fahrraeder wiegen. noch
keine 50 kilometer geradelt, entwickelt sich schon am ersten nachmittag
ein ebensolches gespraech zu einer spannenden bekannntschaft. enrique, ein
international taetiger menschenrechtsanwalt laedt uns ein, bei ihm zu
uebernachten. im nu lernen wir seine familie kennen und werden bei den
grosseltern einquartiert. mama mena, die grossmutter, zaubert ein leckeres
mahl nach dem andern auf den tisch. eine bessere einfuehrung in die
tico-kueche haetten wir uns nicht vorstellen koennen. wir werden nach
allen regeln der kunst verwoehnt und bewirtet. zu jeder mahlzeit gehoeren
reis und schwarze bohnen, dazu gibt´s gemuese, etwas fleisch oder fisch
und reichlich fruechte aus den eigenen anbau. auf ihrer finca (bauernhof)
gedeihen kaffee, bananen, papayas, mangos, wasseraepfel, kraeuter, gemuese
und blumen in allen farben. kaffee ist das hauptanbauprodukt hier oben in
den huegeln. auf einer hoehe von knapp tausend metern herrschen ideale
bedingungen fuer den kaffeanbau. enriques sohn jeremy (agronom-ingenieur,
24) stellt sich zusammen mit seiner frau andrea (primarlehrerin, 22) und
dem zweijaehrigen sohn jose einer ganz speziellen herausforderung. seit
drei jahren arbeiten sie daran, ihre kaffeefinca auf biologische
produktion umzustellen. nun, nach abschluss des studiums kann's richtig
los gehen. noch dieses jahr soll ein erster teil der produktion
zertifiziert werden. andrea und jeremy fuehren uns sogleich in die
geheimnisse ihrer kaffeproduktion ein. um hoechsten qualitaetsanspruechen
zu genuegen, wird alles von hand geerntet, sortiert, geschaelt,
getrocknet, geroestet und gemahlen. die beiden sind ueberzeugt, dass die
sonst uebliche anwendung zahlreicher giftstoffe und duenger, nicht
nur die qualtiaet des kaffees mindern sondern auch boeden, arbeitskraefte
und die umliegenden oekosysteme aus dem gleichgewicht bringen.
langerfristiges ziel ist, den andern bauern der region zu zeigen, dass
biologische produktion nicht nur oekologisch sinnvoll sondern auch
rentabel ist. wieder unterwegs fuehrt der weg
am lavaspeienden und rauchenden vulkan arenal vorbei. leider huellt sich
das spektakel meist in wolken. trotzdem ist's eindruecklich. nach einer
nacht im brutheissen zelt folgt eine noch heissere fahrt durch den
dschungel dem arenalsee entlang. wenn sich der wald lichtet und der blick
auf den see und die umliegenden huegel frei ist, koennte man meinen am
vierwaldstaettersee zu sein. so hat sich wahrscheinlich auch franz aus
luzern gefuehlt, als er vor zwanzig jahren hier begonnen hat seine kleine
schweiz zu bauen. heute laesst ein erstaunlich authentisch gebautes hotel,
drei bauernhaeuser und eine kapelle mit baenkli und brunnen, sowie ein
isebaehnli mit tunnel dem amerikanischen touristen das herz hoeher
schlagen. wenn dann dazu der aebi-traktor das gras der frischgemaehten
wiesen wendet und das braunvieh dumm glotzt, fuehlen auch wir uns der
heimat sehr verbunden. es ist abgesehen von der vegetation so verblueffend
aehnlich. falscher film? ebennoch standen wir im urwald nach affen
ausschau haltend und nun sitzen wir auf den roten baenkli am
vierwaldstaettersee und haben zum ersten mal so richtig heimweh nach der
schweiz. so erstaunt es nicht, dass wir
uns in der deutschen baeckerei im folgenden dorf trotz ueberhoehtem
preis freudestrahlend ein frisches, knusperiges vollkornbrot erstehen,
einen nussgipfel und en kafi geniessen. eine schweizerin bedient uns im
breitesten zueridialekt. kurz gefasst, wir bleiben fuer die folgenden zehn
tage hier. die eigentuemer der baeckerei sind ein junges, sympathisches
paar aus sueddeutschland. nach saisonschluss stehen fuer sie
organisatorische arbeiten und endlich ein paar tage ferien an. fuer kost
(selbstbedienung in einer baeckerei mit richtigem brot und allerei
leckerem suessgebaeck!!!) und logis hueten wir in folge ihr haus und die
baeckerei, malen etliche schilder und kuemmern uns um 8 katzen, 2
hunde, eine schlange und die verpflegung der vier handwerker, die sich im
haus und backstube zu schaffen machen. diese tage in den wunderschoenen
huegeln am arenalsee geben uns einen spannenden einbliçk in das leben
jener schweizer, deutschen und amerikaner, die in der hoffnung auf ein
friedlicheres leben der heimat den ruecken gekehrt haben. ganz so suess
wie der traum scheint, ist die realitaet des alltags hier oben aber
auch nicht. auch hier menschelets gehoehrig, und geschwatz, getuschelt und
beneidet wird in arenal genauso wie in trogen und moerschwil und und und.
doch auch hier hin werden wir zueruckkehren. esther, die zeurcherin aus
der baeckerei braucht jemanden, der ihr haus mit tollster aussicht huetet.
das lassen wir uns nicht entgehen. so komfortabel werden wir lange nicht
mehr wohnen. liebe gruesse und viel sonne
senden euch Autor: 2000-2001 Daniel Scherrer und Regula Immler, on the road Date: 31-Mai-01 Sponsor, Website, Contact: online-office Kessler&Co CH-9043 Trogen Appenzeller-Alps Switzerland kessler@pke.net http://www.pke.net +41 (0)71 - 344 90 90 © 1995-2001 all rights reserved: text, content, pictures- online-office, Kessler&Co, Trogen/Switzerland |