Travel the world: eMail Nummer 17

Regula Immler
und
Daniel Scherrer
on the Road

Danke für Ihre Kommentare, Grüsse, Reklamationen und Aufmunterungen

eMail 17

Costa Rica: Woche für Woche, Hitze, Regen und kaum Bewegung... aber viel Begegnung!


eMail 17

Date: Tue, 29 May 2001 22:45:28

liebe freunde, liebe familie

mit einer flaeche, die nur um wenig groesser ist als die schweiz, wuerde man meinen, costa rica sei auch per velo im nu durchquert. so liessen wir uns allerlei "umwege" einfallen, um moeglichst viel vom land zu sehen. nun, nach einem monat haben wir ganze fuenf tagesetappen gemeistert, weiter als liberia sind wir noch nicht gekommen. zu viele angenehme ueberraschungen und bekanntschaften haben uns aufgehalten. dazu kommt die herausforderung des klimas. wer schon mal in einer sauna daran gedacht hat anstatt regungslos und schlapp dazuhocken auf dem velo einen berg hoch zu trampeln, kommt dem costaricensischen velotourengefuehl ziemlich nahe. wir schwitzen uns die letzten tropfen aus dem leib. ihr koennt euch nicht vorstellen, wie wir uns ueber den nachmittaeglichen regenguss freuen. dazu muss man bemerken, dass tropische regenguesse einer guten dusche das wasser reichen: kraeftig, warm und sie dauert mindestens eine halbe stunde. da bleibt nix trocken, strassen werden kurzfristig zu baechen, plaetze zu seen, stillstand der geschaeftigkeit und zeit fuer eine tasse kaffee. dann geht´s wieder weiter. die schweissflecken auf der bluse fallen nicht mehr auf, weil nun alles trieft. tuerkisches dampfbad. doch spaetestens mit den morgentlichen sonnenstrahlen des naechsten tages ist dann alles wieder trocken und sauber.
die ticas (costaricanerinnen) sind fleissig wie die bienchen. die kleinen, einfachen haeuschen sind ebenso sauber wie gutbuergerliche schweizer eigentumswohnungen. bei jeder gelegenheit wird zum besen gegriffen. gleichzeitig lamentiert im hintergrund lautstark eine telenovela (tv serie) ueber die untreue des geliebten, etc. sauberkeit geniesst eine hohe wertschaetzung in costa rica. schon im kindergarten wird geuebt. beim freien spiel beschaeftigen sich maedchen gut und gerne eine stunde lang mit besen und putzlappen. und waehrenddem die kleinen knirpse leise singend auf dem fussboden liegend das obligatorische mittagspfueserli absolvieren, putzt die kindergaernterin- auch singend natuerlich- rasch alle tischchen und stuehlchen. in der sekundarschule dann ist putzen nicht nur den suendigern vorenthalten. da kommt im turnus jede klasse mal dran, um die sonst reichlich chaotische schule wenigstens fuer den augenschein auf hochglanz zu bringen.

genug der haeuslichen sauberkeit. die strassen sehen leider schon nicht mehr sooo sauber aus. ziemlich unertraeglich sind aber die schwarzrauchenden lastwagen, die mit unerhoerter geschwindigkeit ueber die holprigen strassen knattern. das velofahren ist nicht auf allen strassen ein vergnuegen. von anfang an war klar, dass sich nur der fruehe morgen zum radfahren eignet. so sind wir auch zur ersten etappe sonntag morgens frueh um 5.30 aufgebrochen. nicht dass da die strassen menschenleer waeren. die ticos sind ausgesprochene fruehaufsteher. sobald sich die ersten sonnestrahlen zeigen, ist leben in den strassen. bis um neun uhr herrschen dann angenehme 25 -30 grad. spaeter wird's hitzig und schwuel. mit erstaunen stellen wir fest, dass velofahren hier eine beliebte sonntagsbeschaeftigung ist. mit unseren schwerbeladenen drahteseln sind wir jedoch allerorts ein objekt der ver- und bewunderung. schnell kommt man mit den leuten ins gespraech. alle wollen wissen, woher wir kommen und wieviel die fahrraeder wiegen. noch keine 50 kilometer geradelt, entwickelt sich schon am ersten nachmittag  ein ebensolches gespraech zu einer spannenden bekannntschaft. enrique, ein international taetiger menschenrechtsanwalt laedt uns ein, bei ihm zu uebernachten. im nu lernen wir seine familie kennen und werden bei den grosseltern einquartiert. mama mena, die grossmutter, zaubert ein leckeres mahl nach dem andern auf den tisch. eine bessere einfuehrung in die tico-kueche haetten wir uns nicht vorstellen koennen. wir werden nach allen regeln der kunst verwoehnt und bewirtet. zu jeder mahlzeit gehoeren reis und schwarze bohnen, dazu gibt´s gemuese, etwas fleisch oder fisch und reichlich fruechte aus den eigenen anbau. auf ihrer finca (bauernhof) gedeihen kaffee, bananen, papayas, mangos, wasseraepfel, kraeuter, gemuese und blumen in allen farben. kaffee ist das hauptanbauprodukt hier oben in den huegeln. auf einer hoehe von knapp tausend metern herrschen ideale bedingungen fuer den kaffeanbau. enriques sohn jeremy (agronom-ingenieur, 24) stellt sich zusammen mit seiner frau andrea (primarlehrerin, 22) und dem zweijaehrigen sohn jose einer ganz speziellen herausforderung. seit drei jahren arbeiten sie daran, ihre kaffeefinca auf biologische produktion umzustellen. nun, nach abschluss des studiums kann's richtig los gehen. noch dieses jahr soll ein erster teil der produktion zertifiziert werden. andrea und jeremy fuehren uns sogleich in die geheimnisse ihrer kaffeproduktion ein. um hoechsten qualitaetsanspruechen zu genuegen, wird alles von hand geerntet, sortiert, geschaelt, getrocknet, geroestet und gemahlen. die beiden sind ueberzeugt, dass die sonst uebliche anwendung  zahlreicher giftstoffe und duenger, nicht nur die qualtiaet des kaffees mindern sondern auch boeden, arbeitskraefte und die umliegenden oekosysteme aus dem gleichgewicht bringen. langerfristiges ziel ist, den andern bauern der region zu zeigen, dass biologische produktion nicht nur oekologisch sinnvoll sondern auch rentabel ist.

wieder unterwegs fuehrt der weg am lavaspeienden und rauchenden vulkan arenal vorbei. leider huellt sich das spektakel meist in wolken. trotzdem ist's eindruecklich. nach einer nacht im brutheissen zelt folgt eine noch heissere fahrt durch den dschungel dem arenalsee entlang. wenn sich der wald lichtet und der blick auf den see und die umliegenden huegel frei ist, koennte man meinen am vierwaldstaettersee zu sein. so hat sich wahrscheinlich auch franz aus luzern gefuehlt, als er vor zwanzig jahren hier begonnen hat seine kleine schweiz zu bauen. heute laesst ein erstaunlich authentisch gebautes hotel, drei bauernhaeuser und eine kapelle mit baenkli und brunnen, sowie ein isebaehnli mit tunnel dem amerikanischen touristen das herz hoeher schlagen. wenn dann dazu der aebi-traktor das gras der frischgemaehten wiesen wendet und das braunvieh dumm glotzt, fuehlen auch wir uns der heimat sehr verbunden. es ist abgesehen von der vegetation so verblueffend aehnlich. falscher film? ebennoch standen wir im urwald nach affen ausschau haltend und nun sitzen wir auf den roten baenkli am vierwaldstaettersee und haben zum ersten mal so richtig heimweh nach der schweiz.

so erstaunt es nicht, dass wir uns in der deutschen baeckerei im folgenden dorf  trotz ueberhoehtem preis freudestrahlend ein frisches, knusperiges vollkornbrot erstehen, einen nussgipfel und en kafi geniessen. eine schweizerin bedient uns im breitesten zueridialekt. kurz gefasst, wir bleiben fuer die folgenden zehn tage hier. die eigentuemer der baeckerei sind ein junges, sympathisches paar aus sueddeutschland. nach saisonschluss stehen fuer sie organisatorische arbeiten und endlich ein paar tage ferien an. fuer kost (selbstbedienung in einer baeckerei mit richtigem brot und allerei leckerem suessgebaeck!!!) und logis hueten wir in folge ihr haus und die baeckerei, malen etliche schilder und  kuemmern uns um 8 katzen, 2 hunde, eine schlange und die verpflegung der vier handwerker, die sich im haus und backstube zu schaffen machen. diese tage in den wunderschoenen huegeln am arenalsee geben uns einen spannenden einbliçk in das leben jener schweizer, deutschen und amerikaner, die in der hoffnung auf ein friedlicheres leben der heimat den ruecken gekehrt haben. ganz so suess wie der traum scheint, ist die realitaet des alltags hier oben  aber auch nicht. auch hier menschelets gehoehrig, und geschwatz, getuschelt und beneidet wird in arenal genauso wie in trogen und moerschwil und und und. doch auch hier hin werden wir zueruckkehren. esther, die zeurcherin aus der baeckerei braucht jemanden, der ihr haus mit tollster aussicht huetet. das lassen wir uns nicht entgehen. so komfortabel werden wir lange nicht mehr wohnen.
 
zwei weitere etappen bringen uns nach liberia. hier sind wir zu gast bei einer vierkoepfigen familie, freunde unserer freundin susie in deming. sofort sind wir in die familie integriert worden. auf dem gepacktraeger des velos fahren wir den keinen alejandro zum kindergarten und holen ihn wieder ab, wir kochen und putzen und leben ticofamilienalltag von morgens um sechs bis abends um zehn. nicht genug, alejandro hat entschieden sein bett fortan mit regi zu teilen. seit gut einer woche sind wir nun hier. es gibt immer was zu tun und zu sehen. ana und joaquin nehmen uns mit der groessten selbstverstaendlichkeit mit an ihren arbeitsplatz, die 13jaehrige jenny zeigt uns die schule und im kindi kennt man uns auch schon. heohepunkt fuer alle war natuerlich der ausflug am wochenende. an einem traumhaften strand haben wir zusammen campiert. nichts hat gefehlt. einsame bucht, sauberes badewannewarmes wasser, palmen, riesige schildkroeten, tropische regenguesse, das zelt stuerzte ein, alles trieft, dann wieder die sonne, reis und bohnen, ein lagerfeuer, gute freunde, gute laune, und eine durchwachte nacht, weil die hitze im zelt unertraeglich und die muecken unbarmherzig sind. wir sind gluecklich, verstochen und verschwitzt. bis demnaechst, morgen gehts weiter an die straende!

liebe gruesse und viel sonne senden euch
dani y rechi con un abrazo fuerte


Autor: 2000-2001 Daniel Scherrer und Regula Immler, on the road
Date: 31-Mai-01

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